Rechtsanwälte haben jeden Konflikt zu meiden zwischen den Interessen ihrer Klientschaft und den Personen, mit denen sie geschäftlich oder privat in Beziehung stehen.

Der Rechtsanwalt soll sein Mandat vorbehaltlos, einzig und allein im Interesse seines Klienten führen. Er kann seine Interessenwahrungspflicht gegenüber seinem Mandanten nicht erfüllen, wenn ihm gleichzeitig abweichende Loyalitätspflichten abverlangt werden bzw. er auf Dritte Rücksicht nehmen muss. Auch allfällige Konflikte zwischen eigenen Interessen des Rechtsanwalts und solchen seiner Klientschaft sind zu meiden.

Ein verbotener Interessenkonflikt liegt folglich vor, wenn der Anwalt die Wahrung der Interessen eines Klienten übernommen hat und dabei Entscheidungen zu treffen hat, mit denen er sich potenziell in Konflikt zu eigenen oder anderen ihm übertragenen Interessen begibt. Interessenkonflikte können sich auch aus Interessenlagen ergeben, die nicht nur anwaltlich begründet sind. Vorausgesetzt werden Bindungen, die nahe legen, dass der Anwalt bei seiner Berufstätigkeit auf Interessen Dritter Rücksicht nehmen muss, sodass die vorbehaltlose Interessenwahrung für den Klienten beeinträchtigt wird. Dabei liegt auf der Hand, dass die Unabhängigkeit des Rechtsanwalts auch gegenüber dem Rechtsgegner sowie den anderen Verfahrensbeteiligten gewahrt sein muss. Ein persönlicher Interessenkonflikt liegt vor, wenn der Rechtsanwalt die Wahrung fremder Interessen übernimmt, welche seinen eigenen Interessen zuwiderlaufen, was zum Beispiel der Fall ist, wenn er ein direktes oder indirektes Eigeninteresse am Ausgang der Sache hat.

Darüber hinaus wird gemeinhin verlangt, dass der Anwalt auch gegenüber seinem Klienten unabhängig sein muss. Er soll als objektiv urteilender Helfer dienlich sein können. Das setzt voraus, dass er eigenständig abschätzt, wie im Prozess vorzugehen ist, und versucht, den Klienten von seiner Betrachtungsweise zu überzeugen bzw. von einer unzweckmässigen Handlungsweise abzuhalten.

Die anwaltliche Unabhängigkeit gegenüber dem Mandanten gilt als Voraussetzung für die wirksame Interessenwahrung und für die Erfüllung der rechtsstaatlichen Funktion des Anwalts. Dabei fordert eine wirksame Interessenvertretung auch eine kritische Distanz: Lässt es der Rechtsanwalt an einem hinreichenden Mass an sachlicher und persönlicher Distanz fehlen, ist er nicht mehr in der Lage, Mandate mit der erforderlichen Sachlichkeit und Unbefangenheit zu führen sowie eigenverantwortlich zu entscheiden.